Bräuche auf Korsika
Alte Bräuche und Traditionen sind Bestandteil des korsischen Kulturgutes und werden von der Bevölkerung auf Korsika liebevoll gepflegt. Büßer-Prozessionen zum Osterfest, das Entzünden der Weihnachtsfeuer und prächtige Karnevalsumzüge in Sartène gehören zum traditionellen Brauchtum auf der Mittelmeerinsel.
©BeTa-Artworks-fotolia.comKarneval auf Korsika: Faschingshochburg Sartène
Die Kleinstadt Sartène mit ihren mehrstöckigen Häusern aus dunklem Granit ist die Karnevalshochburg Korsikas. Bis in das Jahr 1930 lassen sich die närrischen Aktivitäten im Hinterland der korsischen Küste zurückverfolgen. Mit der Gründung des Festkomitees im Jahr 2001 gab es erstmals offizielle Organisatoren der Umzüge.
Anders als in anderen Karnevalshochburgen auf der Welt finden die Faschingsumzüge in Sartène nicht zwischen Karnevalssonntag und Aschermittwoch statt, sondern Ende April und Anfang Mai.
Markenzeichen der Festumzüge sind die fantasievollen Masken und schrillen Kostüme. Die Karnevalsumzüge in Porto-Vecchio, Corte und einigen kleineren Dörfern an der Ostküste finden im klassischen Karnevalszeitraum im Februar statt.
Bräuche auf Korsika zu Ostern: Büßer-Prozessionen und Osterlamm
Eine lange Tradition haben die Büßer-Prozessionen anlässlich des Osterfestes. Seit dem Mittelalter wird dieses Brauchtum gepflegt und spätestens in der Karwoche beginnen zwischen Cap Corse und Bonifacio die Vorbereitungen für das aufwendige Spektakel. Blumengebinde und Palmblätter schmücken die Altäre in den Kirchen und Musiker üben den polyfonen Gesang der traditionellen korsischen Musik ein.
In Sartène findet jedes Jahr an Karfreitag die Prozession des "U Catenacciu" statt. Den Ursprung hat die Prozession bereits im Mittelalter. Sie wird aufwendig inszeniert. Der Name leitet sich vom Wort „Catena“ ab, was Kette bedeutet. Der Büßer, in blutrotem Gewand, trägt dabei ein schweres Holzkreuz durch die engen Gassen der Altstadt. An seinem nackten Fuß wird eine schwere Eisenkette befestigt, die er, in Anlehnung an den Leidensweg Christi, nach sich zieht. Ihm folgen in Schwarz gekleidete Büßer, die eine Christusfigur vor sich hertragen, gefolgt von kostbar gewandeten kirchlichen Würdenträgern. An diesem Tag zieht es viele Gläubige und auch Touristen in den Ort, der dann aus allen Nähten zu platzen scheint.
An den folgenden Osterfeiertagen schlemmen die Korsen und lassen sich das traditionelle Osterlamm und das Osterbrot Cacavelli schmecken.
Pfingsten im Mai
Nach den Osterfeierlichkeiten bereiten sich die Korsen bereits auf die nächsten religiösen Feiertage vor.
Ende Mai wird das Pfingstfest gefeiert, an dem die Traditionen der Inselbewohner lebendig werden. Als Besucher unverzichtbar, um auch zu dieser Reisezeit das authentische Korsika mitzuerleben.
Während der heiligen Woche "A settimana Santa" finden in vielen Orten der Insel Prozessionen statt und es werden traditionelle Köstlichkeiten zubereitet, wie z. B. die Campanile (ein süßes Brot in Form einer Krone mit Anis) oder die beliebten Canistrellu, korsische Anisplätzchen mit Mandeln.
Anfang Juni: Fest des heiligen Erasmus
Zu Ehren des Schutzheiligen der Fischer werden an diesem Tag in vielen Häfen die Boote durch Priester gesegnet und Blumenkränze ins Meer geworfen. Als Besucher ist man gerne eingeladen, sich den Fischerbooten und auch den Ausflugsschiffen anzuschließen, um der Prozession auf dem Wasser zu folgen. In Hafen von Ajaccio und auf den Wassergräben der Zitadelle findet um dieses religiöse Fest herum eine zweitägige Veranstaltung statt, ein Folklore-Fest mit Verköstigung von gegrilltem Fisch.
Marienfest: Prozession und Volksfest im September
In Casamaccioli, einem der höchsten und abgelegendsten Dörfer der Insel, findet in jedem Jahr am 08. September das Fest "A Santa di u Niolu" (Zur Heiligen der Region Niolu) statt. Es ist die größte Prozession Korsikas und jährlich machen sich Tausende von Menschen auf den Weg in das kleine Bergdorf, um die Jungfrau Maria, Schutzpatronin Korsikas, zu ehren.
Begleitet wird das Fest von der „Foire du Niolu“, ein Volksfest, dass sich über mehrere Tage erstreckt, ein typisches Beispiel für die Bräuche auf Korsika. Im Anschluss an die Prozession verkaufen Einheimische Armbänder, Plaketten und Kerzen, wobei zeitgleich einige Meter weiter bereits korsische Spezialitätenhändler und Kunsthandwerker ihre Waren anpreisen. Es gibt eine Art Flohmarkt und auch Karuselle für die Kinder. Aber unverkennbar – es gibt viel und Gutes zu essen! Ob Gebäck, Schnaps, Honig, Schinken, Ziegenkäse, Nougat und Gewürze – alles kann probiert werden und auch die Touristen decken sich mit den traditionellen Köstlichkeiten und Souvenirs ein. Pferde, Esel und andere Haus- und Bauernhoftiere suchen an diesem Tag ebenfalls einen neuen Besitzer. Urlauber, die im September nach Korsika reisen, sollten sich dieses Spektakel keinesfalls entgehen lassen!
Allerheiligen und Allerseelen: Gedenken an die Verstorbenen
Ende Oktober und Anfang November ist auch auf Korsika die Zeit, in der den Heiligen und Verstorbenen gedacht wird. Dem Glauben nach kehren die Verstorbenen am Tag von Allerheiligen zurück an den Ort, an dem sie gelebt haben. Deshalb stellen die Korsen, bevor sie zu Bett gehen, ein Glas Milch und geröstete Kastanien auf dem Tisch, dem Kaminsims oder der Fensterbank zu Ehren der Toten bereit. Das Ritual soll auch göttlichen Segen für die Hausbewohner erbitten.
Zur Zeit um Allerheiligen und Allerseelen werden nicht nur die Bräuche sondern auch kulinarische Traditionen auf Korsika gepflegt. Das Allerheiligenbrot, die Salviata, wird z. B. in Bastia zubereitet. Es handelt sich hierbei um einen ca. 20-30 cm langen Kuchen aus Butterweizenmehlteig, der seine Aromen durch getrockneten Salbei und Anislikör erhält.
In Bonifacio hingegen gehört das süße Brot „Le pain des morts“ (das Brot der Toten) zu den Feierlichkeiten dazu. Es besteht aus Mehl, Hefe, Zucker, Butter, Eiern, Zitrone, Nüssen und Rosinen.
Das Gebäck wird dann nicht nur innerhalb der Familie, sondern auch an Nachbarn und Freunde als Geschenk für die Seelen ihrer Toten weitergereicht.
Am 30.11., dem symbolischen Ende des Herbstes, wird auf Korsika dann das Fest Sant´ Andria gefeiert, vergleichbar etwa mit Halloween, was auch in Deutschland in den letzten Jahren an Beliebtheit gewonnen hat. Die Kinder ziehen verkleidet durch die Gassen und bitten an den Haustüren um Süßes oder Saures. Es gibt häufig auch Kuchen, Kekse, Kastanien und Obst. Die traditionellen korsischen Bräuche haben dadurch aber keinesfalls an Bedeutung verloren.
Weihnachten: Weihnachtsfeuer und Papa Noël ©Heino Pattschull-stock.adobe.com
Weihnachten auf Korsika ist ein Fest, das von mehreren Ritualen begleitet wird. Für die Korsen ist Brauchtum ein wichtiger Bestandteil im Jahresverlauf, der auch liebevoll gepflegt wird.
Wohnhäuser, Kirchen und öffentliche Gebäude werden opulent geschmückt und mit Lichtinstallationen in Szene gesetzt. In den letzten Jahren sind auch die bei uns bekannten klassischen Weihnachtskrippen zur Tradition hinzugekommen.
Aus dem 17. Jahrhundert stammt der Brauch „Rocchiu“, am Heiligabend ein Weihnachtsfeuer zu entzünden. Kinder sammeln trockene Holzscheite, ziehen damit laut rufend durch die Gassen und schichten sie auf dem Marktplatz vor der Pfarrkirche auf. Am Heiligabend wird das Holz entzündet und nach der Christmesse tragen die Dorfbewohner die Glut nach Hause, um ein prasselndes Kaminfeuer damit zu entzünden. Es soll vor Unglück und Krankheit schützen. Danach wird ausgiebig gefeiert.
Auch auf Korsika bringt der Weihnachtsmann die Geschenke. Bekannt ist der Alte mit dem weißen Bart auf der Insel als Papa Noël und in den Familien wird bei festlicher Stimmung das französische Weihnachtslied „Petit Papa Noël“ angestimmt.
Aus der Geschichte Korsikas ist bekannt, dass aus Zeiten der „Blutrache“ der Heilige Abend oft auch zum Anlass genommen wurde, dass verfeindete Familien wieder Frieden schließen konnten.
Zu den Weihnachtsfeiertagen gehören auf Korsika nicht nur eine Vielzahl an Spezialitäten zum Festtagsmenü, sondern auch große Personenzahlen, die an der Festtafel platznehmen dürfen. Tagelange Vorbereitungen sind hier keine Seltenheit, um das festliche Menü u. A. mit der traditionellen Vorspeise Prisuttu-Schinken (leicht geräuchert) und Coppa (luftgetrocknete Schinkenspezialität von Schweinen die mit Kastanien gefüttert wurden) sowie einem guten Aperitif und einem Trinkspruch zu beginnen.
Danach folgen Lammbraten aus dem Ofen, Geflügel, Polenta oder korsische Lasagne sowie aus Kastanienmehl selbst hergestellte traditionelle Mehlspeisen. Im Anschluss dürfen Desserts und ein starker Kaffee nicht fehlen. Und wer sich auch als Urlauber der korsischen Tradition hingeben möchte, der lässt am Heiligen Abend die Haustür des Ferienhauses unverschlossen. Dem Brauch nach bleiben die Reste des Festmenüs für die Verstorbenen der korsischen Familien übrig.
Polyphonie: Sinnbild korsischer Identität
Die jeweils dreistimmigen Lieder sind ein Genuss für die Ohren sowohl auf gesellschaftlichen als auch bei religiösen Festen, Prozessionen oder Messen. Der Polyphone Männergesang, Paghjella, ist aus der traditionellen korsischen Volksmusik nicht wegzudenken. Lebendige Lieder, die ursprünglich von den Bauern gesungen wurden, beschreiben die Geschehnisse des Alltags, enthalten aber auch poetische Texte. Da diese Gesangstechnik bedroht ist, wurde sie im Jahr 2009 in die Liste dringend erhaltungsbedürftigen Immateriellen Kulturerbes der UNESCO aufgenommen. Ein Polyphoniekonzert sollte immer auch auf dem Programm stehen, wenn man die Traditionen Korsikas selbst miterleben möchte.